Wer die Nachtigall stört, Harper Lee

Jack Shakespearow/15. Mai 2021/Buchrezensionen
Wer die Nachtigall stört, Harper Lee

Wer die Nachtigall stört, Harper Lee - Buchrezension

Buchbesprechung: Wer die Nachtigall stört

Autor: Harper Lee

Gesamtbewertung:

Zusätzliche Informationen:

  • Herausgeber: Rowohlt Taschenbuch
  • Originaltitel: To Kill a Mockingbird
  • Rezensent hat das Buch gelesen: 6 Stunden
  • Anzahl der Seiten: 448

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Über den Rassismus im letzten Jahrhundert

Man könnte sagen, dass wir das Anderssein erst heutzutage wahrnehmen. Dass wir über die Vielfalt der Kulturen streiten, darüber, wer gefährlich oder gefährlicher ist und die Nase rümpfen, wenn wir den Begriff fremde Kultur registrieren. Aber dieses Thema ist nicht erst ein Thema von heute. Dieser Roman ist ein Beweis dafür.

Inhalt

Die Geschichte spielt in den Vereinigten Staaten, die in den 1930er Jahren die unheilvollen Auswirkungen der Wirtschaftskrise erleben. In der Kleinstadt Maycomb in Alabama leben zwei Geschwister, Jean Louise, auch Scout genannt, und Jem, ihr älterer Bruder. Die Handlung zeigt zunächst das alltägliche Heranwachsen der Geschwister, wie es alle kleinen Kinder tun. Ihr größtes Anliegen scheint es zu sein, den kauzigen Bewohner des Hauses gegenüber aufzuspüren oder zu enttarnen – denn Bu Radley hat seit mehreren Jahren nicht mehr seine Wohnung verlassen. Mit der Zeit bemerken die Kinder jedoch, dass der soziale Druck auf ihre Familie wächst. Der Vater, Atticus Finch, ist ein angesehener Anwalt, der sich aber auf die Seite der Wahrheit stellt, egal ob sie auf der Seite der Weißen oder der Schwarzen ist. Ihm eilt nun der Ruf eines Negeranwalts voraus, und diese Tatsache wirkt sich auch auf seine Kinder aus…

Ich murmelte eine Entschuldigung, setzte mich hinund grübelte über mein Verbrechen nach. Ich hatte niedie Absicht gehabt, lesen zu lernen, aber irgendwie wares eben passiert. Vielleicht beim Durchstöbern der Tages-zeitungen? Oder während der langen Stunden in der Kir-che? Soweit mein Gedächtnis zurückreichte, konnte ichKirchenlieder lesen. Wenn ich’s mir recht überlegte, warmir das Lesen einfach zugeflogen, genauso wie die Fähig-keit, die Klappe meiner Hemdhose zuzuknöpfen, ohneden Kopf zu wenden, oder die Schnürsenkel zur Schleifezu binden.Harper Lee
Wer die Nachtigall stört, Harper Lee - Leseprobe

Rezension

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, in denen eine gewisse thematische Verschiebung zu verzeichnen ist. Während der erste Teil die üblichen Sorgen und Freuden des Lebens zweier Geschwister schildert, beginnt der zweite Teil mit einem Prozess, den Scout und Jem vorsichtig und mit angehaltenem Atem verfolgen. Ihr Vater vertritt in diesem Prozess die Seite von Tom Robinson, einem schwarzen Arbeiter, der wahrscheinlich zu Unrecht eines ungeheuerlichen Verbrechens beschuldigt wird. An diesen Punkten lässt sich beobachten, wie die damalige Gesellschaft Rassenunterschiede wahrnahm und darauf aufbauend unsinnige Vorurteile in ihren Köpfen entstehen ließ. Der zweite Teil der Geschichte ist also von weitaus größerem erzählerischen Wert als der erste, was den ungeduldigen Leser mit einer eher weitschweifigen Handlung, die sich aus alltäglichen Situationen zusammensetzt und deren volle Bedeutung sich erst am Ende der Geschichte erschließt, ein wenig belästigt.

Die Erzählerin der Geschichte ist die kleine Scout, die die Realität um sie herum mit ihren eigenen Augen wahrnimmt, die manchmal kindlich und manchmal zu erwachsen sind. Dabei beobachtet der Leser jedoch nicht nur die äußere soziale Situation, sondern auch die Art und Weise, wie diese sie formt und ihren Blick auf die Welt und die Tatsachen, die sich vor den Toren ihres Hauses abspielen, verändert.

Harper Leeová autor
Miss Caroline erstarrte. Dann packte sie mich am Kra-gen und schleppte mich wieder zum Katheder. «Jean Loui-se, für heute habe ich genug von dir», sagte sie. «Du bist injeder Beziehung mit dem falschen Fuß zuerst aufgestan-den, mein Kind. Streck die Hand aus!»Harper Leeová

Fazit

„Wer die Nachtigall stört“ ist ein besonderes Werk, das einen höheren erzählerischen Wert hat, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Alle Informationen werden dem Leser auf eine gewaltfreie Art und Weise präsentiert und hinterlassen keinen tiefen oder drastischen Eindruck bei ihm, dennoch wird er ihre Bedeutung und Wichtigkeit leicht spüren können. Darin liegt das größte Geheimnis oder die Schönheit des Buches – die unprätentiöse Darstellung wirklich schwieriger Fakten.

Pluspunkte und besondere Merkmale

  • Die Geschichte ist in zwei aufeinanderfolgende Teile gegliedert
  • die Handlung fließt langsamer
  • ein ernstes Thema, mit Leichtigkeit präsentiert
  • weniger Dialoge, mehr statische Passagen
  • die Geschichte wird von der kleinen Scout erzählt
  • Die kindliche Unbeschwertheit steht im Gegensatz zu dem ernsten Thema, das das Buch aufgreift

Für wen ja

  • für Liebhaber des klassischen Gesellschaftsromans
  • für Leser, die sich für Bücher mit rassistischer Thematik interessieren
  • sowohl für Männer als auch für Frauen
  • für alle Altersgruppen (ab 15)

Für wen nicht

  • für ungeduldige Leser, die Action und Dynamik von der ersten Seite an mögen

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Jack Shakespearow ist ein Meister der Worte. Das Schreiben verleiht ihm Flügel. Auf den Flügeln der Fantasie entdeckt er das Unbekannte, er betrachtet die Welt aus der Vogelperspektive und beschreibt ihre vielen Farben, Menschen, sowie große und kleine Dinge dieser Welt. Da sein letzter Gedichtband Hungry as a Writer keinen guten Absatz findet, machte er aus Rezensionen und Blogs für uns einen Zuverdienst. Und die kann er wirklich gut.

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