Inhlat

Julia Andswell ist eine professionelle Geigerin, die während einer Dienstreise in Rom die Noten eines alten und seltsamen Stücks namens Incendio aus einem Antiquitätengeschäft erbeutet. Die Freude über ihren Streich währt jedoch nur so lange, bis sie das Stück zu Hause spielt. Die Melodie hat eine mehr als schädliche Wirkung auf ihre kleine Tochter – sie tötet erstmals ihre geliebte Katze und sobald die Geigensaiten wieder erklingen, wird die kleine Lily gegen ihre Mutter schon handgreiflich. Julia kann ihre Tochter nicht länger wie früher wahrnehmen und sie hat das Gefühl, dass sich die kleine Lily nur noch ihren Tod wünscht. Stimmt das wirklich? Julia beschließt, den Wurzeln des Liedes auf die Spur zu kommen und endet in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Kann Incendio wirklich verheerende Auswirkungen haben? Hat Lily eine Art Geisteskrankheit von ihrer Großmutter geerbt? Und ist Julias Suche nicht ein wenig gefährlich?

Rezension

Zwei Handlungsstränge überschneiden sich in der Geschichte. Der erste schildert das Umfeld, in dem sich Julia und ihre Familie befinden, und der zweite beschreibt den Lesern die Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs. Zu dieser Zeit steht Lorenzo, ein junger Virtuose jüdischer Abstammung im Mittelpunkt des Interesses. Obwohl es zunächst so scheint, als gäbe es keine Verbindung zwischen den beiden Bildern, fügen sich nach und nach die Details zusammen. Durch den Wechsel der Zeitebenen ändert sich auch die Position des Erzählers – während die Gegenwart aus Julias Ich-Perspektive geschildert wird, wird die Vergangenheit von einem unabhängigen Erzähler den Lesern vermittelt.

Der Anfang des Buches ist äußerst fesselnd und das verlockende Thema des Buches beeindruckt den Leser, was zur Frage führt, ob das kleine Mädchen wirklich zu Gewalttaten fähig ist. Das Publikum kennt Tess Gerritsen vor allem aus der Serie von Krimiromanen aus dem medizinischen Milieu, in der Maura Isles und Jane Rizzoli die Hauptrollen spielten. Den Leserinnen und Lesern ist daher zu empfehlen, dieses Buch mit minimalen Vorstellungen über Verlauf und Inhalt anzugehen. Die Autorin hat nämlich zu Motiven, Elementen und Konstruktionen gegriffen, die wir bei ihr nicht unbedingt gewohnt sind, und die beharrliche Erwartung zumindest einiger Ähnlichkeiten könnte auch enttäuschend wirken.

Nicht jeder Leser wird mit dem Schluss der Geschichte einverstanden sein, vor allem der anspruchsvollere Teil des Publikums könnte nach Auflösung der Handlung ein wenig Befremdung empfinden. Das Ende ist zwar unvorhersehbar, geht aber auch in eine ganz andere Richtung, als es zunächst den Anschein hat – wer mysteriöse Elemente oder paranormale Phänomene erwartet, wird plötzlich gegen eine Wand stoßen und gezwungen sein, sich auf dem Boden der Realität wiederzufinden.

Fazit

Ich würde das „Totenlied“ Lesern empfehlen, die auch im Krimi-Genre eine leichte und schnelle Lektüre suchen. Die häufigen Dialoge und die minimale Anzahl unnötiger Beschreibungen garantieren ein schnelles Vorankommen in der Handlung. Das Buch kann also an einem Abend gelesen werden und es hängt von der Erfahrung und den Erwartungen des einzelnen Lesers ab, wie lange die Geschichte bei ihm nachklingt.