Gehe hin, stelle einen Wächter

Jack Shakespearow/13. Oktober 2024/Buchrezensionen
Gehe hin, stelle einen Wächter, Harper Lee - Rezension

Gehe hin, stelle einen Wächter, Harper Lee - Rezension

Buchbewertung: Gehe hin, stelle einen Wächter

Autor: Harper Lee

Gesamtbewertung:

Zusätzliche Informationen:

  • Herausgeber: Penguin Verlag München
  • Jahr der Veröffentlichung: 2016
  • Originaltitel:: Go Set a Watchman
  • Rezensent hat das Buch gelesen: 04 Stunden 55min
  • Anzahl der Seiten: 320
  • ISBN: 978-3-328-10018-8

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Man kann nicht auf alles vorbereitet sein

Das eigene Heim sollte Sicherheit, Ruhe und Ordnung bieten, die durch nichts und niemanden gestört werden. Die gewohnte Stimmung im Elternhaus soll weder durch Zeit noch die äußeren Umstände getrübt werden. Aber was, wenn doch?

Inhalt

Jean Louise Finch, genannt Scout, ist den Lesern bereits aus früheren Werken der Autorin bekannt. Jahre sind vergangen und aus dem Mädchen ist eine junge Frau mit einer eigenen Meinung geworden. Nach langer Zeit kehrt sie von New York, wo sie lebt, in ihre Heimatstadt Maycomb zurück. Die ersten Momente, die sie mit ihren Lieben verbringt, sind trotz ihrer Bedenken angenehm… Doch dann muss sie entdecken, dass nichts mehr so ist, wie es früher war. Die turbulente gesellschaftliche Situation wirkt sich auch auf ihre Familie aus, und Scout stellt fest, dass sie die Menschen, die ihr am nächsten stehen, angefangen bei ihrem Vater, nicht mehr versteht. Der „Negerfreund“, wie Atticus einst angefeindet wurde, sitzt jetzt im Bürgerrat, dessen Handlungen an Rassismus angrenzen. Kann Scout das verkraften? Oder wird sie Maycomb und seine Bewohner lieber vergessen?

„Jean Louise schüttelte den Kopf. Sie war zu alt, um gegen diese Ungerechtigkeit zu wettern, aber zu jung, um sich widerstandslos mit der lähmenden Krankheit ihres Vaters abzufinden. Kann man denn gar nichts dagegen machen?“Harper Lee

Rezension

Die Schriftstellerin Harper Lee zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht auf der Dynamik der Handlung aufbaut, sondern dafür sorgt, dass das Werk den Leser trifft und einen Sturm der Gefühle und Gedanken auslöst. Diese Methode hat sie schon im Buch „Wer die Nachtigall stört“, angewandt. Die Handlung fließt zwar langsam, aber doch spannend, so wie sich allmählich Jean Louises Einblick in die Geschehnisse entwickelt. Die Schilderung dieser Entwicklung ist unprätentiös, unaufdringlich und erschöpft den Leser nicht.

„Gehe hin, stelle einen Wächter“ ist eine etwas leichtere Lektüre als das frühere Werk der Autorin. Obwohl der Text weniger Dialoge enthält, hat das keine großen Auswirkungen auf den Lesefluss. Die wichtigste Änderung, die jedem, der „Wer die Nachtigall stört“, gelesen hat, sofort auffällt, betrifft den Erzähler. Jean Louise ist nicht mehr diejenige, die den Leser durch die Geschichte führt, sondern die Autorin bietet eine spezifische Erzählungsform, bei der die weibliche Hauptfigur im Mittelpunkt steht. Oft findet der Leser Passagen, in der die Gedanken und Gefühle von Jean Louise in erster Person wiedergegeben werden.

„Na ja, im Allgemeinen zeigen die meisten Frauen ihren Männern, bevor sie sie am Haken haben, lächelnde liebenswürdige Gesichter. Sie verbergen ihre Gedanken. Du dagegen, wenn du gemein sein willst, dann bist du’s auch.“Harper Lee

Die Geschichte enthält zahlreiche Rückblicke, was die Handlung aber nicht verlangsamt. Oft bringen die Erinnerungen an Jean Louises Kindheit Antworten auf Fragen, die sich der Leser bereits bei dem vorherigen Buch gestellt hat. Bestimmte Tatsachen, die auch wichtig sein könnten, werden von der Autorin jedoch weniger betont (das auffälligste Beispiel ist die Figur des Bruders Jem). Das kann zwar manchen enttäuschen, ist aber ein sehr subjektives Gefühl und hängt vom jeweiligen Leser und seinen Erwartungen ab. Obwohl dies eine freie Fortsetzung des Debüts von Harper Lee ist, kann ich mir persönlich nicht vorstellen, zu diesem Buch zu greifen, ohne den ersten Teil zu kennen. Was die Charaktere, die Beziehungen oder die Handlung betrifft, würde es mir weniger ausmachen als die Tatsache, dass so mancher wichtiger Gedanke, Moment oder Gefühl im Folgewerk ins leere laufen könnte. Deswegen ist es besser, „Gehe hin, stelle einen Wächter“ erst nach der Vorgeschichte zu lesen.

Gehe hin, stelle einen Wächter, Harper Lee - Leseprobe

Fazit

Wenn Sie keine dynamischen Szenen voller Ab und Aufs, komplizierte Plots oder frostige Spannung mögen und die emotionale Komponente der Geschichte zu schätzen wissen, ist dieses Buch genau für Sie geschrieben. Auf den ersten Blick wirkt es sogar etwas banal, aber je mehr man nachdenkt, desto mehr Fragen kommen auf. Harper Lee zeigt ein authentisches Sittenbild, und das Bizarre daran ist, dass die Botschaft auch in der heutigen Zeit leider nichts von ihrem Wert verloren hat.

Pluspunkte und besondere Merkmale

  • einfache Handlung
  • die Autorin setzt mehr auf Emotion als auf Dynamik
  • die Gegenwart ist mit Erinnerungen an Jean Louises Kindheit verknüpft
  • wenige Dialoge
  • viel Gedankengut
  • Er – Erzählung mit Elementen der indirekten Rede
  • die zahlreichen Wendungen sind nicht jedermanns Sache

Für wen ja

  • für Liebhaber der klassischen Literatur
  • für diejenigen, die „Wer die Nachtigall stört“, gelesen haben
  • für Leser, die emotionsgeladene Bücher mögen
  • sowohl für Männer als auch für Frauen

Für wen nicht

  • für Leser, die Handlungsdynamik suchen
  • wenn man die typischen Merkmale von „Wer die Nachtigall stört“, nicht vermissen möchte (Erzählung aus der Sicht eines Kindes, Beschreibungen von Jugendstreichen, eine gewisse Unbeschwertheit im Gegensatz zum ernsten Thema des Buches…)

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Gehe hin, stelle einen Wächter, Harper Lee - Preis

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Jack Shakespeare

Jack Shakespearow ist ein Meister der Worte. Das Schreiben verleiht ihm Flügel. Auf den Flügeln der Fantasie entdeckt er das Unbekannte, er betrachtet die Welt aus der Vogelperspektive und beschreibt ihre vielen Farben, Menschen, sowie große und kleine Dinge dieser Welt. Da sein letzter Gedichtband Hungry as a Writer keinen guten Absatz findet, machte er aus Rezensionen und Blogs für uns einen Zuverdienst. Und die kann er wirklich gut.

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